Nachdem der erste Turniertag in Bad Segeberg besser als erwartet verlief und wir zwar nicht mit herausragenden Dressurergebnissen, aber immerhin mit dem Springteil glänzen konnten und viel Spaß hatten, ging es am Sonntag motiviert an den letzten Teil unserer ersten Vielseitigkeit: Gelände!
Ich hatte richtig Lust, obwohl die Strecke für uns als Vielseitigkeitsanfänger schon recht knackig war. Vermutlich war das immer noch die Nachwirkung von der überstandenen Dressur, aber ich war guter Dinge und eigentlich ganz zuversichtlich – das Training in Bad Segeberg verlief zwar nicht perfekt, aber Wunschkind hatte die Chance, sich mit den dortigen Gegebenheiten vertraut zu machen. Besser vorbereiten hätten wir uns nicht können, also ging es jetzt nur noch darum, unser Ziel Nummer 3 zu erfüllen und uns irgendwie durch diesen Kurs zu boxen!
Dank der festen Startzeit gestaltete sich das Hinfahren und Satteln wieder sehr entspannt und ich stieg pünktlich in den Sattel. Wunschkind, bis dahin glücklich vor sich hin schlummernd, erwachte urplötzlich aus ihrem tiefenentspannten Zustand und sorgte sich im höchsten Ausmaß um unsere Sicherheit. Alles war gefährlich: die anderen Anhänger, die Kaninchenlöcher im Boden, der Maulwurfshügel, das dritte Blatt am unteren linken Ast des mittleren Baumes. Kurzum: Meine Motivation bekam kurzfristig einen Dämpfer, als wir uns mit viel Glotzerei auf den Fußmarsch in Richtung Abreiteplatz begaben.
Nach einer ausgiebigen Schrittour machte ich mich daran, Wunschkind im Trab und Galopp zu lösen und den Vorwärtsgang einzustellen. Das klappte Gott sei Dank recht gut und selbst beim Abspringen behielt die Schimmeldame noch die Nerven. Als es dann für uns allerdings das Signal gab, zum Start zu reiten, drehte das kleine Hasenherz kurzfristig durch. Der Weg zur Startlinie führte an den ersten beiden Sprüngen vorbei und natürlich weg vom Abreiteplatz. Auf dem Weg stand dann auch noch das Fahrzeug der Hindernisrichter. Mordsgefährlich! Schimmelfressend!
Wunschkind glänzte mit Vollbremsungen, 180-Grad-Hinterhandwendung und anschließendem Steigen, ehe sie der Meinung war, dass wir uns auf keinen Fall weiterbewegen können. Ich bekam einen winzig kleinen Nervenzusammenbruch – wir sollen gleich starten, Herrgott! – und quetschte die Schimmeldame mit Müh und Not weiter voran in Richtung Start. Kann ja wohl nicht angehen, dass wir schon vor dem Start rausfliegen!
Mir fiel ein Stein vom Herzen, als wir endlich am Start standen. Allerdings rechnete ich auch schon mit dem Schlimmsten und freundete mich mit dem Gedanken an weitere Steigeskapaden an, als die Zeit auch schon abgelaufen war und runtergezählt wurde. Wuah, es geht los!
Ich wollte eigentlich beherzt zureiten, aber da war die Schimmeldame schon über alle Berge und bretterte im Mordstempo den Weg entlang in Richtung Sprung 1. Ich hatte ja nun mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass der Gang plötzlich SO drin ist! In dem Glauben, dass Wunschkind es ziemlich eilig hatte, zurück zu den anderen Pferden zu kommen, widerstand ich dem Drang zu bremsen und ließ sie erst einmal laufen. Eher so nebenbei nahmen wir dabei die ersten beiden Sprünge mit. Als es am Zaun zum Abreiteplatz entlangging und Wunschkind immer noch ungebremst auf Sprung 3 zuraste, musste ich dann allerdings doch mal auf die Bremse treten und sie etwas aufnehmen, was zum Glück auch gut gelang. Sprung 3 lag hinter uns und es ging zur ersten großen Klippe: Sprung 4, das schimmelfressende Haus!
Auf dem Anreiteweg setzte ich mich bewusst in den Sattel und mit deutlichem Nachtreiben konnten wir das Monstrum erfolgreich hinter uns lassen – und Wunschkind legte direkt wieder den Gang ein! Die folgenden Sprünge 5 und 6 waren zwar linientechnisch nicht gerade perfekt, aber rüber ist rüber und weiter ging die Fahrt!
Es folgte Klippe Nummer 2: die Bank und direkt dahinter der überbaute Graben. Hier hatten wir im Training die größten Probleme und ich stellte mich schon auf Zickereien am Graben ein, als Wunschkind mehrere Meter vor der Bank den Anker warf. Uuh. Stiefmütterchen. Die waren beim Training noch nicht da!
Ich versuchte noch, die Schimmeldame weiter voranzutreiben, hatte aber keine Chance gegen die gefräßigen bunten Blümchen. Angucken war auch nicht, Wunschkind legte vor der Bank eine formvollendete Steig-Umdreh-Aktion hin. Also ging es direkt an den zweiten Versuch – dieses Mal mit mehr Nachdruck und dann ging es auch trotz Blümchen auf die andere Seite. Der Graben war dann scheinbar unspektakulär, der funktionierte nämlich ohne Zögern und Glotzen…
Der Mittelteil bis Sprung 13 a und b verlief wie am Schnürchen, in der Kombination schlief ich dann aber leider: Beim Linksbogen zum zweiten Sprung hing ich zu sehr am inneren Zügel und vergaß gleichzeitig das Weitertreiben, so dass der Motor vor dem zweiten Sprung ausging. Gnaah, der Steher war wirklich nicht nötig und mit einem simplen Nachtreiben meinerseits zu verhindern gewesen!
Im zweiten Anlauf entschied ich mich für den direkten Weg ohne Bogen und siehe da, Wunschkind segelte los. Also ging es an die letzten Sprünge!
Den zweiten überbauten Graben mit der Nummer 14 nahm Wunschkind schnittig direkt am daneben stehenden Baum, so dass ich kurzfristig nur noch Äste sah. Schwund ist bekanntlich überall, also weiter im Text! Die Hindernisse 15 und 16 vor und hinter dem Wasser gelangen uns gut und es stand der letzte lange Weg zu Sprung 17 und dem Ziel an. Den komischen Erntedank-Wagen fand Wunschkind im Training auch nicht so toll (Klippe Nummer 3) und ich dachte kurz, dass es wirklich undankbar wäre, am letzten Sprung rauszufliegen. Die Schimmeldame hatte aber immer noch den Gang drin und flog ohne Murren auf die andere Seite – mitten rein ins Ziel. Yeah! Wir sind durch und leben noch!
Ich sentimentale Nudel fing natürlich direkt an zu heulen – die Mischung aus Aufregung, Adrenalin, Freude und Erleichterung war zu groß für meine gebeutelten Nerven und ich war einfach nur dankbar und glücklich! Ziel Nummer 3: Check, jawohl!
Durch die zwei Verweigerungen waren wir natürlich deutlich über der Zeit und sammelten ordentlich Strafpunkte. Die anderen Paare konnten hingegen im Gelände ihre Erfahrung ausspielen und somit landeten wir auf dem letzten Platz – sowohl im Geländeteil als auch im Gesamtergebnis. Aber: Wir haben ein Gesamtergebnis erreicht und alle drei Teilprüfungen beendet! Das war mehr, als ich für unsere erste Vielseitigkeit erwartet habe.
Ein großes Dankeschön geht an dieser Stelle an die liebe Juliane, die mir das Wochenende über viele, viele Fragen beantwortet hat und ohne deren Hilfe ich vermutlich wie ein kopfloses Huhn über den Turnierplatz gelaufen wäre – irgendwie ist es doch ganz anders als auf einem „normalen“ Turnier! Ebenfalls bedanken muss ich mich bei meiner Tante, die an beiden Tagen als TT und seelischer Unterstützer zur Verfügung stand, bei der lieben Julia, die sich bemüht hat, uns dressurmäßig zu drillen und bei meinen Eltern, die jeweils an einem Tag zum Anfeuern nach Segeberg gekommen sind – ohne euch wäre es nur halb so schön gewesen!
Die nächste Vielseitigkeit ist schon geplant und ein neues Ziel haben wir auch schon: Besser werden! 😉 Vorher steht aber erst einmal ein Springturnier an – denn wenn wir am Wochenende etwas beweisen konnten, dann das wir hier am besten aufgehoben sind!
Schreibe einen Kommentar